Der offizielle Beginn des Monsanto Tribunals war am Freitag, den 14. Oktober 2016, in Den Haag, Niederlande. Die Anhörungen des Tribunals hat am 15. und 16. Oktober im Institut für Soziale Studien (ISS) stattgefunden. Fünf international renommierte Richter habe 30 Zeugen und Experten aus 5 Kontinenten angehört. Das Rechtsgutachten wurde am 18. April 2017 von den Richtern bekannt gegeben.
Schriftliche Stellungnahmen | Videoaufzeichnungen | Anhörungsprogramm
Das Ziel des Tribunals ist es, ein Rechtsgutachten über den Schaden an Umwelt und Gesundheit, verursacht durch den multinationalen Konzern Monsanto, abzugeben. Dies wird dazu führen, dass das Verbrechen Ökozid in der internationalen Debatte in das internationale Strafrecht miteinbezogen wird. Es wird außerdem Menschen überall auf der Welt eine sorgfältig dokumentierte gerichtliche Akte bieten, die in Gerichtsverfahren gegen Monsanto und ähnliche Chemiekonzerne verwendet werden kann.
Kontext des Projekts:
Kritiken gegen Monsanto zufolge hat der multinationale Konzern bislang Wege gefunden, die durch seine Erzeugnisse verursachten Schäden an Mensch und Umwelt zu ignorieren und seinezerstörerischen Praktiken mittels einer Strategie systematischer Verdeckung von Tatsachen (Lobbyismus bei Aufsichts- und Regierungsbehörden, Lügen und Korruption, Finanzierung betrügerischer wissenschaftlicher Studien, Ausübung von Druck auf unabhängige Wissenschaftler, Manipulation von Presseorganen usw.) weiter zu verfolgen.
Das Projekt beruht auf der Feststellung, dass zivilrechtliche Verfahren gegen den amerikanischen Großkonzern heute die einzige Möglichkeit darstellen, eine Entschädigung der Opfer einzufordern. Diese Verfahren bergen zahlreiche Hürden für die Opfer, die zögern, Zeit und Geld in einen Prozess mit ungewissem Ausgang zu investieren. Wenn sich ein Unternehmen wie Monsanto angeklagt wird, strebt es eine gütliche Beilegung der Streitigkeiten an, um eine Rechtsprechung zu seinen Lasten zu verhindern.
Bis heute gibt es kein Rechtsinstrument, das die strafrechtliche Verfolgung von Unternehmen wie Monsanto und seiner Geschäftsführer als Verantwortliche für Verbrechen gegen die menschliche Gesundheit oder gegen die Integrität der Umwelt ermöglicht.
Jedes Jahr stellt Monsanto kolossale Summen zurück, um rechtlichen Schritten entgegenzuwirken, die von Menschen eingeleitet werden, die seinen Erzeugnissen zum Opfer gefallen sind. Dies jedoch bewegt das Unternehmen nicht dazu, seine Praktiken zu ändern. Solange es sich für die Anteilshaber rentabler gestaltet, die Gesellschaft Risiken auszusetzen - und im Gegenzug von Zeit zu Zeit einige Opfer zu entschädigen, falls ein Verfahren eingeleitet wird - werden diese Praktiken weiter bestehen bleiben.
Die Geschichte von Monsanto ist somit ein Paradigma der Straffreiheit transnationaler Unternehmen und ihrer Geschäftsführer, die zum Klimawandel und zur Störung der Biosphäre beitragen und die Sicherheit des Planeten gefährden.
Das vorliegende Projekt richtet sich also nicht ausschließlich an Monsanto. Neben diesem Unternehmen steht das gesamte agroindustrielle System im Fokus des Tribunals. Über Monsanto hinaus geht es darum, mit diesem Prozess ein Exempel zu statuieren, um alle multinationalen Konzerne und Unternehmen, die mit ihrem unternehmerischen Verhalten die durch ihre Entscheidungen hervorgerufenen Schäden an Gesundheit und Umwelt unbeachtet lassen, zur Verantwortung zu ziehen.
Allgemeine Zielsetzung des Tribunals:
Bewirkung eines Urteils, wenngleich symbolisch, gegen das Unternehmen Monsanto durch ein aus öffentlich befähigten Richtern bestehendes Tribunal gemäß der Funktionsweise eines internationalen Gerichtshofes und Förderung der Implementierung internationaler Mechanismen, die Opfern multinationaler Konzerne ermöglichen, gegen dieselben rechtliche Schritte einzuleiten.
Spezifische Zielsetzung:
Angestrebte Ergebnisse / Resonanzen des Tribunals:
Die öffentlichen Meinungsbildner und politischen Entscheidungsträger werden genauere Kenntnisse über die Praktiken des Unternehmens Monsanto und ihre Auswirkungen auf die Umwelt und die grundlegenden Menschenrechte erhalten.
Das Tribunal wird zur Sensibilisierung bezüglich der Gefahren der industriellen und chemischen Landwirtschaft und der Notwendigkeit, das landwirtschaftliche Paradigma zu ändern, beitragen.
Das Tribunal wird die laufenden Diskussionen anregen, um zu verdeutlichen, was es bedeutet, ein Unternehmen für die Verletzung von Grundrechten, wie unter anderem des Rechts auf Nahrung, des Rechts auf Gesundheit und des Rechts auf Information, zur Verantwortung zu ziehen.
Die Arbeit des Tribunals wird ermöglichen, Opfern und ihren rechtlichen Vertretern juristische Argumente und Grundlagen zur Verfügung zu stellen, um die gerichtlichen Maßnahmen gegen das Unternehmen Monsanto auf nationaler Ebene zu erleichtern.
Das Tribunal wird auf die Notwendigkeit einer Reform des internationalen Rechts aufmerksam machen, um Menschen, die den Praktiken transnationaler Unternehmen zum Opfer fallen, einen tatsächlichen Zugang zur Justiz zu ermöglichen. Das Tribunal wird am Beispiel des Unternehmens Monsanto aufzeigen, warum es von grundlegender Bedeutung ist, den Tatbestand des Ökozids im internationalen Recht aufzunehmen.
Funktionsweise des Tribunals:
* Zur Bewertung des Verhaltens des Unternehmens Monsanto hat sich das Tribunal auf die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte gestützt, die im Juni 2011 vom UN-Menschenrechtsrat verabschiedet wurden; und auf das Römische Statut zur Schaffung des internationalen Strafgerichtshofs (International Criminal Court, ICC) zur Verurteilung mutmaßlicher Urheber von Verbrechen des Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Verbrechen der Aggression.
In den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte sind auf internationaler Ebene die Verantwortlichkeiten von Unternehmen im Hinblick auf die Menschenrechte rechtswirksam dargelegt. Gemäß diesen Leitprinzipien sind Unternehmen zur Einhaltung der Gesamtheit der Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf Leben, des Rechts auf Gesundheit und des Rechts auf eine gesunde Umwelt, verpflichtet. Sie legen die Erwartungen der Gesellschaft gegenüber den Unternehmen fest. Sie haben die Erwartungen der Gesellschaft gegenüber den Unternehmen festgelegt und eine Rechtsgrundlage gebildet, auf die sich Beschwerdeführer stützen können, um gegenüber Monsanto eine Wiedergutmachung der aus der Tätigkeit derselben entstandenen Schäden einzufordern. Des Weiteren untersuchte das Tribunal, ob bestimmte Praktiken von Monsanto als Straftatbestand behandelt werden können, entweder gemäß dem geltenden internationalen Strafrecht oder auf der Grundlage des Tatbestands des Ökozids, dessen Anerkennung kontinuierlich fortschreitet.
* Im Vorfeld der Sitzung beschäftigten sich Arbeitsgruppen mit der Untersuchung der Auswirkungen der Tätigkeit von Monsanto im Hinblick auf die 6 nachstehenden Referenzgrundlagen:
Referenzgrundlagen:
1. Referenzgrundlage: Hat das Unternehmen Monsanto durch seine Tätigkeit das Recht auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt gemäß den internationalen Menschenrechtsnormen (Res. 25/21 des Menschenrechtsrats vom 15. April 2014) im Hinblick auf die Verantwortung, welcher Unternehmen im Rahmen der vom Menschenrechtsrat in seiner Resolution 17/4 vom 16. Juni 2011 verabschiedeten Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (Guiding Principles for Business and Human Rights) unterliegen, verletzt?
2. Referenzgrundlage: Hat das Unternehmen Monsanto durch seine Tätigkeit das Recht auf Nahrung gemäß Artikel 11 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, gemäß Artikel 24.2(c) und (e) und 27.3 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, gemäß Artikel 25(f) und 28.1 des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau im Hinblick auf die Verantwortung, welcher Unternehmen im Rahmen der vom Menschenrechtsrat in seiner Resolution 17/4 vom 16. Juni 2011 verabschiedeten Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte unterliegen, verletzt?
3. Referenzgrundlage: Hat das Unternehmen Monsanto durch seine Tätigkeiten das Recht auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit gemäß Artikel 12 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, oder das Recht des Kindes auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit gemäß Artikel 24 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes im Hinblick auf die Verantwortung, welcher Unternehmen im Rahmen der vom Menschenrechtsrat in seiner Resolution 17/4 vom 16. Juni 2011 verabschiedeten Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte unterliegen, verletzt?
4. Referenzgrundlage: Hat das Unternehmen Monsanto die zu wissenschaftlicher Forschung unerlässliche Freiheit gemäß Artikel 15 Absatz 3 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie das Recht auf freie Meinungsäußerung gemäß Artikel 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte im Hinblick auf die Verantwortung, welcher Unternehmen im Rahmen der vom Menschenrechtsrat in seiner Resolution 17/4 vom 16. Juni 2011 verabschiedeten Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte unterliegen, verletzt?
5. Referenzgrundlage: Hat sich das Unternehmen Monsanto zum Komplizen eines Kriegsverbrechens gemäß Artikel 8 Absatz 2 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs durch die Lieferung von Materialien an die Armee der Vereinigten Staaten von Amerika im Rahmen der im Jahre 1962 in Vietnam eingeleiteten Operation „Ranch Hand“ gemacht?
6. Referenzgrundlage: Erfüllen die in der Vergangenheit und Gegenwart erfolgten Tätigkeiten des Unternehmens Monsanto den Tatbestand des Ökozids, eines Verbrechens, das darin besteht, eine schwerwiegende Schädigung der Umwelt oder die Zerstörung derselben zu bewirken, um großflächige Gemeindeländereien oder Ökosystemleistungen, von denen bestimmte menschliche Gemeinschaften abhängig sind, auf verheerende und dauerhafte Weise zu beeinträchtigen?
* Das Monsanto-Tribunal hat relevante Zeugenaussagen und einen umfassenden Datenbestand zusammengetragen. Olivier De Schutter, Professor für Rechtswissenschaften an der Université de Louvain, hat gemeinsam mit rund vierzig Studenten die Unterlagen der Opfer durchgearbeitet und die Anklagepunkte ermittelt. Sie haben die rechtlichen Schriftsätze erarbeitet, die von den Klägern und ihren Anwälten in ihrem Plädoyer genutzt werden können.
* Hochrangige Juristen, Magistrate, Anwälte und Richter aus den fünf Kontinenten wurden für das Gerichtsverfahren des Tribunals mobilisiert. Der Gerichtshof wurde von zwei Co- Vorsitzenden geleitet.
* Vor dem Monsanto-Tribunal wurden rund 20 Kläger aus Amerika, Europa, Asien, Afrika und Australien angehört. Die klagenden Parteien wurden durch einen in diesen Fällen erfahrenen Anwalt vertreten.
* Das Tribunal hat sich auf die allgemeinen Grundsätze des Zivilverfahrensrechts gestützt. Folglich wurde das multinationale Unternehmen Monsanto eingeladen, seine Argumente vorzutragen. Von Monsanto wurde in seiner Rolle als Beklagter erwartet, auf die Behauptungen der Kläger einzugehen, die rechtliche Qualifikation seiner Verhaltensweisen in Frage zu stellen und die Forderungen der angeblichen Opfer anzufechten. Monsanto hat jedoch nicht geantwortet und entschloss sich, nicht präsent zu sein. Monsanto´s offener Brief, der ein paar Tage vor den Anhörungen veröffentlicht wurde, wurde mit aufgenommen, damit die Richter diesen miteinbeziehen können.
* Gleichermaßen wie am Internationalen Gerichtshof hat der Vorsitzende die Unterlagen all derjenigen entgegengenommen, die an einer Mitwirkung interessiert waren. Die Rechtsvertreter haben ihre Schlussfolgerungen ausgearbeitet und den Richtern vorgelegt. Darüber sind sie vor Gericht erschienen, um ihre Plädoyers abzuhalten. Die Opfer (bzw. andere bei der Sitzung Anwesende) hatten ebenfalls die Möglichkeit, den Richtern ihre Unterlagen vorzulegen, und die Kläger konnten vor Gericht das Wort ergreifen. Die Richter sind dabei, eine Beratung abzuhalten, um eine Entscheidung (beratendes Rechtsgutachten) zu den 6 Fragen zu formulieren, wobei sie sich auf die von den Anwälten und Klägern vorgelegten Unterlagen stützen.
* Das Gericht reicht seine Entscheidung (beratendes Rechtsgutachten) am 18. April 2017 ein.
Für das Projekt mobilisierte Expertise:
Ins Leben gerufen wurde das Projekt von einer Gruppe aus Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft mit vielseitigen fachlichen Hintergründen und umfangreichem Expertenwissen zu den im Zusammenhang mit den im Rahmen des Monsanto-Tribunal behandelten Themen und Streitfragen. Diese Gruppe wird zudem von anderen Vertreter der Zivilgesellschaft unterstützt, die ebenfalls über eine für das Projekt relevante Expertise verfügen. Diese Personen bilden das Organisationskomitee des Monsanto-Tribunals, mit der Verpflichtung, ihre Expertise im Wesentlichen auf ehrenamtlicher Basis dem Projekt zur Verfügung zu stellen.
Im Hinblick auf die Expertise ist zudem hervorzuheben, dass sich die Studenten mehrerer Universitäten in die Forschungs- und Fallstudienphase eingebracht haben:
Organisationen der Zivilgesellschaft, die das Projekt unterstützen: Klick hier.
Organisationen der Zivilgesellschaft der fünf Kontinente haben dazu beigetragen, bei der Identifizierung und Auswahl der Richter, Anwälte, Kläger und Zeugen mitzuwirken.
Sie sind eingeladen, sich an der Verbreitung von Informationen über das Projekt in ihren jeweiligen Ländern und der Mobilisierung der Bevölkerung zu beteiligen.
Sie waren an der Organisation des People's Assembly beteiligt, das parallel zum Monsanto Tribunal abgehalten wurde.